Psychische Gefährdungsbeurteilung

Definition: Was wird unter der Psychische Gefährdungsbeurteilung verstanden?

Die psychische Gefährdungsbeurteilung ist eine spezielle Form der Risikobewertung, die dazu dient, psychische Belastungen am Arbeitsplatz zu identifizieren und zu minimieren. Sie ist eine gesetzliche Verpflichtung für Arbeitgeber und kann gleichzeitig als Instrument zur Förderung der Mitarbeiterbindung dienen.

Die psychische Gefährdungsbeurteilung ist eine spezielle Form der Gefährdungsbeurteilung gemäß dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Diese gesetzliche Vorschrift verlangt von Arbeitgebern, regelmäßig Gefährdungen am Arbeitsplatz zu ermitteln und daraus resultierende Maßnahmen abzuleiten, um die Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeiter zu schützen. Seit 2013 sind Unternehmen zusätzlich verpflichtet, eine psychische Gefährdungsbeurteilung durchzuführen, bei der alle potenziellen Gefährdungen durch psychische Belastungsfaktoren dokumentiert werden müssen.

Die rechtliche Grundlage für diese Verpflichtung ist in § 5 Absatz 3 Ziffer 6 ArbSchG verankert und wird durch eine gemeinsame Erklärung der Sozialpartner sowie entsprechende Regelungen in der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV), der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) und der Biostoffverordnung (BioStoffV) unterstützt.

Bei der psychischen Gefährdungsbeurteilung werden die Arbeitsbedingungen als Ganzes untersucht, nicht einzelne Mitarbeiter. Fünf Bereiche stehen dabei im Fokus: Arbeitsaufgaben, Arbeitsorganisation, soziale Beziehungen, Arbeitsumgebung und unternehmensspezifische Faktoren. Ziel ist es, durch gezielte Maßnahmen psychische Gesundheitsgefahren zu minimieren und so die Arbeitsbedingungen kontinuierlich zu verbessern.

Psychische Belastung am Arbeitsplatz

Gemäß DIN EN ISO 10075-1 wird unter psychischer Belastung die Gesamtheit aller Einflüsse verstanden, die auf einen Menschen wirken und seine mentale Verfassung betreffen. Diese Belastungen können sich in Denkprozessen, emotionalen Reaktionen, Wahrnehmung und Erinnerung niederschlagen.

Psychische Belastungen am Arbeitsplatz nehmen viele Formen an und umfassen Aspekte wie Arbeitszeitgestaltung, Arbeitsintensität, soziale Unterstützung sowie Umweltfaktoren wie Lärm, Klima und Beleuchtung. Zusätzlich spielen spezifische Anforderungen an die Emotionskontrolle eine Rolle.

Es ist wichtig zu betonen, dass psychische Belastungen nicht ausschließlich negativ sind. Sie können auch anregend und förderlich für Lernprozesse sowie die persönliche Entwicklung sein. Jedoch können übermäßiger Stress und hohe Belastungen über einen längeren Zeitraum hinweg zu Gesundheitsproblemen führen, wie etwa bei ungünstiger Schichtarbeit oder starkem Leistungsdruck.

Risikofaktoren für psychische Belastungen am Arbeitsplatz umfassen lange Arbeitszeiten ohne ausreichende Pausen, Missverhältnisse zwischen Arbeitsaufwand und Zeit, hohe Anforderungen an Leistung und Termine, zwischenmenschliche Konflikte sowie ungünstige Arbeitsbedingungen wie Lärm, Klima, Mangel an Platz und Ergonomie.

Die Auswirkungen solcher Belastungen können sich auf verschiedene Ebenen manifestieren, von psychischen Erkrankungen wie Depressionen und Burnout bis hin zu körperlichen Beschwerden wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes. Symptome wie Rücken- und Kopfschmerzen, Muskelverspannungen, Schlafstörungen und Konzentrationsprobleme sind häufige Folgen.

Zusätzlich erhöhen psychische Belastungen das Risiko von Arbeitsunfällen, insbesondere wenn die Kommunikation beeinträchtigt ist, Informationslücken bestehen oder die Arbeitsorganisation mangelhaft ist.

Insgesamt zeigt sich, dass die systematische Erfassung und Reduktion psychischer Belastungen am Arbeitsplatz von großer Bedeutung ist, um die Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeiter zu gewährleisten und langfristig die Arbeitsbedingungen zu verbessern.

Warum ist die Erstellung einer GB-Psych am Arbeitsplatz wichtig?

Seit der Integration der GB-Psych in die Gefährdungsbeurteilung im Jahr 2013 hat der Gesetzgeber die Bedeutung der psychischen Gesundheit erkannt. Arbeitgeber sollten die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen jedoch nicht nur als Erfüllung eines gesetzlichen Auftrags im Sinne der Compliance und Fürsorgepflicht verstehen.

Die GB-Psych stellt vielmehr ein wichtiges Handlungsfeld im Bereich des Gesundheitsmanagements dar. Sie ermöglicht Unternehmen, ein robustes Gesundheitsmanagement zu etablieren und langfristig psychische Fehlbelastungen bei Mitarbeitern zu vermeiden. Die Analyse der aktuellen Situation liefert wertvolle Erkenntnisse über die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden der Beschäftigten sowie über Handlungsbedarf in der Arbeitsorganisation.

Zusätzlich kann die Gefährdungsbeurteilung als effektives Instrument genutzt werden, um die Zufriedenheit, Leistungsfähigkeit und Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen zu erhöhen. Dies ist besonders vor dem Hintergrund des aktuellen Fachkräftemangels von großer Bedeutung und unterstützt die langfristige Mitarbeiterbindung.

Die Reduktion von Belastungen fördert letztlich die Arbeitsproduktivität, da die physische und psychische Gesundheit sowie das Wohlbefinden der Mitarbeiter wesentliche Voraussetzungen für motiviertes und leistungsfähiges Arbeiten sind. Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen bietet Arbeitgebern daher ein Werkzeug, um potenzielle Belastungen frühzeitig zu identifizieren und entsprechende Maßnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen zu entwickeln.

Besonders in Zeiten wie der Corona-Pandemie und dem Ukraine-Krieg, die große Unsicherheiten hinsichtlich Arbeitsplatzsicherheit und Gesundheit mit sich bringen, ist es für Arbeitgeber entscheidend, die Arbeitsbedingungen und Belastungen ihrer Mitarbeiter genau im Blick zu behalten. Dies ermöglicht es, bisher unbekannte Überbelastungen zu erkennen und darauf angemessen zu reagieren.

Rahmenbedingungen für die Durchführung einer GB-Psych

Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen zielt ausdrücklich nicht darauf ab, einzelne Mitarbeiter mit psychischen Erkrankungen zu identifizieren oder zu stigmatisieren. Gesetzlich ist es Arbeitgebern untersagt, die individuelle psychische Verfassung ihrer Mitarbeiter zu überprüfen, da die Anonymität der Mitarbeiter gewahrt werden muss, insbesondere bei Mitarbeiterbefragungen. Doch welches Ziel verfolgt die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen dann?

Ziel dieser Beurteilung ist es, eine objektive Einschätzung der Arbeitsbedingungen sowie der auftretenden psychischen Belastungen am Arbeitsplatz vorzunehmen. Sie dient ausschließlich der Prävention und zielt darauf ab, Risikofaktoren zu identifizieren, die eine potenzielle Gesundheitsgefährdung für die Beschäftigten darstellen können. Diese Belastungen können aus verschiedenen Bereichen resultieren, wie zum Beispiel den sozialen Beziehungen am Arbeitsplatz, der Arbeitszeitgestaltung, der Arbeitsumgebung und den spezifischen Arbeitsaufgaben.

Die gesetzliche Verantwortung für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen liegt immer bei der Geschäftsführung bzw. dem Arbeitgeber selbst. Eine Ausnahme hiervon gibt es nicht, auch nicht für kleine Unternehmen. Der Arbeitgeber muss sicherstellen, dass nach der Identifikation von Gefährdungen entsprechende Sicherheitsmaßnahmen ergriffen und dokumentiert werden. Idealerweise erfolgt die Durchführung der GB-Psych durch ein interdisziplinäres Team, das arbeitspsychologische, arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Kompetenzen vereint.

Das Arbeitsschutzgesetz gibt keine festen Zeitpunkte für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung vor. Es verlangt jedoch, dass die Prüfung wiederholt wird, wenn sich die Arbeitsbedingungen ändern oder bisher unbekannte Gesundheitsgefährdungen entdeckt werden. Die GB-Psych ist somit ein fortlaufender Prozess, aus dem gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen abgeleitet werden sollten.

Eine vernachlässigte Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen kann schwerwiegende rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Verstöße gegen diese Pflicht gelten in Deutschland als Ordnungswidrigkeit und können mit empfindlichen Bußgeldern bis zu 25.000 Euro geahndet werden. Zudem besteht die Möglichkeit persönlicher Haftung des Geschäftsführers oder der Geschäftsführerin.

Die GB-Psych ist somit nicht nur ein rechtlicher Zwang, sondern auch ein wesentliches Instrument zur Förderung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter sowie zur Stärkung der Arbeitgeberverantwortung im Bereich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes.

Durchführung der GB-Psych

Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen lässt sich in vier klar definierte Phasen unterteilen:

Phase 1: Zieldefinition und Abstimmung zum Vorgehen
Zu Beginn werden die Ziele der Gefährdungsbeurteilung festgelegt und das Vorgehen abgestimmt. Dies umfasst die Festlegung der zu beurteilenden Tätigkeiten und Bereiche, die entsprechend ihrer Ähnlichkeit in Gruppen zusammengefasst werden können, wie z.B. Tätigkeitsgruppen oder Abteilungen.

Phase 2: Ermittlung der psychischen Belastungen der Arbeit
In dieser Phase werden die spezifischen psychischen Belastungsfaktoren für die festgelegten Tätigkeiten und Bereiche ermittelt. Je nach Bedarf kommen unterschiedliche Methoden wie standardisierte Befragungen, Beobachtungen, Interviews oder Analyseworkshops zum Einsatz, um aktuelle Informationen zu erfassen.

Phase 3: Analyse und Beurteilung der psychischen Belastungen der Arbeit
Hier erfolgt die Einschätzung, ob konkrete Arbeitsschutzmaßnahmen erforderlich sind, um die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu gewährleisten und zu verbessern. Dabei orientiert sich der Arbeitgeber an aktuellen arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen und dem Stand der Technik.

Phase 4: Entwicklung, Einführung und Umsetzung von Maßnahmen
Die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung bilden die Grundlage für die Ableitung und Implementierung von Maßnahmen zur Reduzierung der psychischen Belastungen. Diese Maßnahmen sollten vorrangig die Verhältnisse am Arbeitsplatz betreffen und nicht primär das Verhalten der Mitarbeiter.

Phase 5: Wirksamkeitskontrolle
Nach der Umsetzung der Maßnahmen erfolgt die Überprüfung ihrer Wirksamkeit. Dabei werden die Auswirkungen auf das Betriebsklima, die Arbeitsplatzbedingungen, das Wohlbefinden der Mitarbeiter und die Unterstützung durch den Arbeitgeber bewertet. Diese Evaluierung kann durch Befragungen oder Workshops erfolgen.

Phase 6: Aktualisierung und Fortschreibung der Gefährdungsbeurteilung
Die GB-Psych muss regelmäßig aktualisiert werden, um Veränderungen in den Arbeitsbedingungen und -anforderungen zu berücksichtigen. Dies ist insbesondere bei Restrukturierungen oder Veränderungen in der Arbeitsorganisation notwendig, um weiterhin effektive Maßnahmen zur Reduktion psychischer Belastungen zu gewährleisten.